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Antisemitismus im Islamismus

Antisemitismus ist ein zentrales Wesensmerkmal islamistischer Ideologien, jedoch im Unterschied zum Antisemitismus deutscher Rechtsextremisten nicht rassistisch begründet. Die jüdische Einwanderung in Palästina, die Entstehung des Staates Israel und der ungelöste Nahost-Konflikt sind Auslöser für die Entstehung des islamistischen Antizionismus bzw. Antisemitismus. Dieser war und ist stark antijüdisch gefärbt, wobei auf die prinzipielle, nach Auffassung von Islamisten im Koran belegte und durch die islamistische Geschichtsauffassung gestützte angebliche ewige Feindschaft „der Juden“ gegen „die Muslime/den Islam“ Bezug genommen wird. Der islamistische Antisemitismus ist daher religiös motiviert, aber keinesfalls Wesensbestandteil des Islams als Religion.

Definition Antisemitismus

Laut der Definition der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA), die sowohl von der Bundesregierung als auch der Staatsregierung angenommen wurde, ist Antisemitismus eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich ihnen gegenüber als Hass ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.

Weitere Informationen zum Themenbereich Antisemitismus finden Sie z.B. im Themenheft 1/20: Antisemitismus der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.

Welche Rolle spielt der Antisemitismus im Islamismus?

Über die gesamte Bandbreite islamistischer Ideologien finden sich antisemitische Stereotype, die insbesondere seit der Kolonialzeit in mehrheitlich muslimische Länder gelangten und sich vor allem aus Schriften, wie „Die Protokolle der Weisen von Zion“ speisen. Im Zentrum steht dabei durchgängig die These, wonach das Judentum im Verborgenen nach der Weltherrschaft strebe bzw. diese bereits ausübe und somit die Weltpolitik und -wirtschaft kontrolliere. Eine wesentliche Grundlage für den Antisemitismus im Islamismus ist die 1950 erschienene und bis heute stark rezipierte Schrift „Unser Kampf mit den Juden“ des ägyptischen Islamisten Sayyid Qutb. Dieser einflussreiche Vordenker der Muslimbruderschaft agitierte gegen eine vermeintliche „antagonistische jüdische Macht“ und eine dem Judentum seit der Zeit Muhammads „immanente Feindschaft gegen den Islam“ und verknüpft gezielt antisemitische Verschwörungstheorien [MS(1] aus Europa mit islamischen Quellen.

Zwei Hände, an denen Fäden befestigt sind. Die Hände scheinen etwas zu kontrollieren.
Antisemitische Islamisten werden von dem Glauben beherrscht, dass das Judentum im Verborgenen die Weltpolitik und -wirtschaft kontrolliert

Qutb stellt Jüdinnen und Juden als Drahtzieher eines angeblichen „Kampfes gegen den Islam“ dar, beschreibt sie als bösartig und sündhaft und macht sie zudem verantwortlich für den von ihm diagnostizierten Verfall von Religion, Moral und Anstand in den muslimischen Staaten. Auch heute werden in der islamistischen Propaganda Juden kollektiv für Missstände in der islamischen Welt verantwortlich gemacht.

Besonders Vertreter des jihadistischen Salafismus greifen diese antisemitischen Stereotype immer wieder auf. Angefangen bei der 1998 veröffentlichten Deklaration jihadistischer Gruppierungen „Internationale islamische Front für den Jihad gegen Juden und Kreuzfahrer“, über Verlautbarungen Usama Bin Ladens, wie der „Brief an Amerika“ oder „An die Völker Europas“, bis hin zu einer Videobotschaft al-Qaidas zum zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 wird die Sichtweise einer von Jüdinnen und Juden kontrollierten und manipulierten Politik, Wirtschaft und Medienwelt als Instrument der Unterdrückung verbreitet. Gruppierungen wie al-Qaida und dem sogenannten Islamischen Staat (IS) dient die Kennzeichnung der USA bzw. „des Westens“ als jüdisch-kapitalistisch und jüdisch dominiert als Handlungslegitimation und Anknüpfungspunkt für die Rekrutierung von Mitgliedern. Antisemitische Verschwörungsmythen[MS(6]  haben demnach im Islamismus inzwischen einen konstitutiven Charakter. Seit der Staatsgründung Israels vermengen sich klassische antisemitische Mythen mit einem israelbezogenen Antisemitismus.

Antisemitismusbekämpfung in Bayern

Die Bekämpfung des Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Bayerischen Sicherheitsbehörden bekämpfen jegliche Form von Extremismus und politischer Kriminalität mit allen rechtlich und tatsächlich möglichen präventiven und repressiven Maßnahmen. In den letzten Jahren wurden alle Formen von Antisemitismus verstärkt in den Fokus genommen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf antisemitischen Äußerungen und Verschwörungstheorien sowie Hass und Hetze im Internet.

Eine Wand, auf der Gegen Semitismus steht. Mit schwarzer Farbe und roter Umrandung wurde Anti vor das Wort Semitismus gesetzt.
Die Bekämpfung von Antisemitismus jeglicher Ausprägung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

„Schon gewusst?“

Antisemitismusbeauftragte in Bayern

Neben der Bundesregierung hat auch Bayern im Mai 2018 mit Herrn Staatsminister a.D. Herrn Dr. Ludwig Spaenle einen Antisemitismusbeauftragten bestellt. Er berät und unterstützt die Staatsregierung in Fragen der Förderung jüdischen Lebens, zur Bekämpfung des Antisemitismus sowie zur Pflege der Erinnerungskultur und des historischen Erbes.

Daneben sind die regionalen Antisemitismusbeauftragten bei den drei Generalstaatsanwaltschaften in Bamberg, Nürnberg und München seit August 2018 die internen und externen Kontaktstellen für alle Fragen im Zusammenhang mit antisemitischen Straftaten. Sie fördern die Vereinheitlichung der Rechtsanwendung und vernetzen und koordinieren die Ermittlungen verschiedener Staatsanwaltschaften. Zum 01.10.2021 wurde zusätzlich das Amt des zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz eingerichtet, das bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt ist.

Auch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat 2021 für die unterschiedlichen Phänomenbereiche jeweils Antisemitismusbeauftragte berufen.

RIAS Bayern

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) nimmt Meldungen über antisemitische Vorfälle auf und unterstützt Betroffene von Antisemitismus in Bayern. Sie ist beim Verein für Aufklärung und Demokratie (VAD) angesiedelt, wird vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert und arbeitet eng mit dem Bundesverband RIAS zusammen. Auf Grundlage der gemeldeten Fälle und eigener Recherche verfasst RIAS Bayern regelmäßig bayernspezifische Berichte über Antisemitismus, betreibt Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit und trägt so zum Kampf gegen Antisemitismus bei.

Projekte gegen Antisemitismus

Der Bayerische Ministerrat hat am 10. Mai 2022 ein vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus entwickeltes Gesamtkonzept „Jüdisches Leben und Bekämpfung des Antisemitismus“ beschlossen. Kern dieses Gesamtkonzepts ist die dauerhafte Vernetzung und Bündelung von Initiativen der Ministerien und zivilgesellschaftlicher Akteure im Rahmen eines Internetportals. 

Verschiedene Maßnahmen und Projekte des Bayerischen Netzwerks für Prävention und Deradikalisierung gegen Salafismus beschäftigen sich bereits jetzt gezielt mit dem Thema Antisemitismus bzw. tragen zur Prävention antisemitischer Einstellungen bei. Beispielhaft seien folgende Projekte genannt:

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